Kleiber, Erich

Transkription

Buenos Aires, August 1949

Meine liebe Alma!

Ich möchte nicht unter den Gratulanten fehlen! Du weißt, welche Verehrung ich für Dich, Du Lebensgefährtin Mahlers und Werfels, Du helfende Freundin Alban Bergs im Herzen trage. Diese Zeilen sollen Dich daran erinnern! Alles, alles Gute - auch von meiner Frau
Dein Erich Kleiber

 

Kurzbiographie

Erich Kleiber wurde am 5. August 1890 in Wien geboren und starb am 27. Januar 1956 in Zürich. Er verbrachte seine früheste Jugend in Wien, zog jedoch nach dem frühen Tod beider Eltern zu seinen Großeltern nach Prag um. Die verstarben kurz darauf und Erich Kleiber, gerade 10 Jahre alt, kehrte zu Verwandten nach Wien zurück, um dort das Gymnasium zu besuchen. Geld für eine gute musikalische Ausbildung war nicht vorhanden, doch erhielt er Geigenunterricht und er verbrachte viel Zeit in der Wiener Oper, wo Gustav Mahler dirigierte. 1908 verließ er Wien und studierte an Konservatorium und Universität in Prag, um dort 1911/12 als Chordirigent, Korrepetitor und Dirigent von Schauspielmusiken am Landestheater seine erste Anstellung zu finden. Zwischen 1912 und 1919 arbeitete er als Kapellmeister am Hoftheater zu Darmstadt, danach unter anderem in Düsseldorf und Mannheim. 1923 wurde er unter Mißachtung des ersten Kapellmeisters Fritz Stiedry, der daraufhin zurücktrat, zum Generalmusikdirektor der Berliner Staatsoper ernannt. Dort er dirigierte er u.a. deutsche Erstaufführungen von Alban Bergs "Wozzeck", Ernst Kreneks "Leben des Orestes" und Darius Milhauds "Christophe Colombe". Neben dieser Tätigkeit reiste er als Gastdirigent durch Europa und die beiden Amerika, wo er auch seine spätere Frau Ruth Goodrich kennenlernte. 1934 legte er sein Amt aus Protest gegen die nationalsozialistische Kulturpolitik nieder und verließ Deutschland. Auch die Ernennung zum Staatskapellmeister konnte ihn nicht zurücklocken. Stattdessen führte er ein Vagabundendasein als Konzertdirigent und wirkte dann bis 1949 als Chefdirigent der Deutschen Oper am Teatro Colón in Buenos Aires und als Leiter der Orquesta Filarmónica de la Habana (1943-47). Seit 1947 dirigierte er auch wieder in ganz Europa; er übernahm 1954 die musikalische Oberleitung der Ost-Berliner Staatsoper, die auf seine Anregung wieder aufgebaut wurde, gab sie aber im Jahr darauf aus politischen Gründen wieder ab. Obwohl er nur für kurze Gastspiele nach Wien zurückkehrte, verkörperte er die Lebensart der von ihm geliebten Stadt, was auch in seinen eigenen Aussagen deutlich wird: "Wo ich dirigiere, ist Wien" (Russell, 99). Erich Kleiber war einer der großen, und einer der wenigen universellen Dirigenten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, die "personifizierte Musikalität" (Russell, 42).

 

Erich Kleiber und Alma Mahler-Werfel

Von der Beziehung zwischen Erich Kleiber und Alma Mahler-Werfel ist nicht viel bekannt; sie kannten sich wohl hauptsächlich durch ihren gemeinsamen Freund, den Komponisten Alban Berg, der seine berühmteste Oper "Wozzeck" Alma Mahler-Werfel widmete, die dann von Erich Kleiber in Berlin uraufgeführt wurde. Alban Berg bemühte sich, seine Freunde füreinander einzusetzen, bei seinen Planungen zur Berufung seines Freunds Erich Kleiber zum Staatsoperndirektor in Wien wandte er sich auch an Alma Mahler-Werfel, deren "Beziehungen und Interessen die denkbar weitverzweigtesten" (Russell, 166) waren, um das Vorhaben aktiv zu fördern. Alma Mahler-Werfel hätte sich auch sicherlich für Kleiber eingesetzt, hätte dieser nicht diese Art der Verhandlung abgelehnt, obwohl sein Verlangen nach der Rückkehr in seine Heimatstadt Wien ("Du weißt - und Gott weiß es - wie brennend ich nach Wien möchte". Russell, 166, Hervorhebung dort) groß war. Die Witwe Gustav Mahlers war offensichtlich von Kleibers musikalischen Qualitäten überzeugt, auch wenn sie sich mit seinem Auftreten nicht unbedingt anfreunden konnte: "Erich Kleiber, das Männchen mit dem Napoleonhut auf. Ein überkompensiertes Etwas. Er hätte es nicht notwendig, denn er ist ein großartiger Musiker." (Mahler-Werfel, Mein Leben, 235).

 

Links

Englische Erich Kleiber Seite

handwritten letter from Erich Kleiber

Erich Kleiber (1890-1956)