Torberg, Friedrich

Transkription

Alma:

Was uns genommen wurde, verbindet uns. Was uns verbindet, kann uns nicht ge- nommen werden. Ich danke dem Schicksal, und ich danke Dir, für diese große Bereicherung meines Lebens: daß es Dich gibt - daß ich Dir begegnen durfte - daß ich mit Dir verbunden bin. Und ich möchte noch lange, lange mit Dir verbunden bleiben.

Friedrich Torberg

New York - Beverly Hills, Zum 31. August 1949.

 

Kurzbiographie

Friedrich Kantor wurde am 16. September 1908 als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie in Wien geboren und starb am 10. November 1979 in der österreichischen Hauptstadt. Den Künstlernamen Torberg, eine Verschmelzung der zweiten Silbe seines Nachnamens mit dem Geburtsnamen seiner Mutter Berg nahm er an bei der Veröffentlichung seines ersten Romans "Der Schüler Gerber hat absolviert", den er, während er auf die Wiederholung der nichtbestandenen Matura wartete, verfaßte. Dieser Roman sollte sein meistbeachtetes Werk bleiben, auch wenn er später als Sammler jüdischer Anekdoten und umstrittener Bearbeiter und Herausgeber der Werke Herzmanovky-Orlandos bekannt war. Er besuchte Gymnasien in Wien und Prag, wo er auch Philosophie und Germanistik studierte. Seit 1928 war er als Autor und Journalist für verschiedene Prager und Wiener Zeitungen und auch Exil-Zeitungen tätig. Als Jude verfolgt, emigrierte er 1938 zunächst in die Schweiz, floh aber im Juni 1940 über Spanien nach Portugal, von wo er am 18. Oktober an Bord der "Exeter" die USA erreichte. Als einer der vom amerikanischen PEN-Club ausgewählten "Ten Outstanding German Anti-Nazi-Writers" (unter denen sich auch Heinrich Mann, Alfred Neumann, Alfred Döblin, Alfred Polgar und Franz Werfel befanden) erhielt er einen Jahresvertrag mit Warner Brothers in Hollywood, der ihn aber in seiner Tätigkeit als Schriftsteller nicht ausfüllen konnte, wie ihm auch sein gesamter Aufenthalt in Hollywood mißfiel. Torberg arbeitete als freier Schriftsteller für verschiedene Filmgesellschaften, gab deutschen Sprachunterricht für amerikanische Offiziere und gestaltete die neu geplante deutsche Ausgabe des Time Magazine mit. Das Projekt wurde zwar 1945 verworfen, hatte ihn aber nach New York geführt, wo er sich sehr viel wohler fühlte, wozu wohl auch seine Heirat mit Marietta Bellak, beigetragen hatte. Zudem entwickelte sich Torbergs Haus zu einem Treffpunkt für künstlerisch und politisch tätige Emigranten (u. a. Gottfried Bermann Fischer, Hermann Broch, Ernst Deutsch, Marlene Dietrich, Ferenc Molnár, Alfred Polgar, Erich Maria Remarque, Walter Slezak, Bruno Walter, Carl Zuckmayer). Zu dieser Zeit wird Friedrich Torberg auch persönlicher Berater im Verlag Gottfried Bermann Fischers. Obwohl er inzwischen gesellschaftlich integriert war, sehnte er sich nach einer Rückkehr in die alte Heimat. 1950/1951 kehrte Friedrich Torberg schließlich als freier Schriftsteller, Herausgeber, Übersetzer und Journalist nach Wien zurück.

 

Friedrich Torberg und Alma Mahler-Werfel

Alma Mahler-Werfel und Friedrich Torberg begegneten sich zum ersten Mal in Estoril, Portugal, während sie beide auf die Überfahrt in die USA warteten, die beiden schließlich im Oktober 1940 gelang. Während jedoch Alma Mahler-Werfel in New York blieb, mußte Torberg seinen vertraglichen Verpflichtungen mit Warner Brothers nachkommen und sofort nach Hollywood übersiedeln, wo sich das Ehepaar Werfel und Torberg jedoch wieder trafen. Es entwickelte sich eine herzliche Freundschaft zwischen ihnen, wovon ihr Briefwechsel (Torberg: Liebste Freundin und Alma) Zeugnis gibt. Für Torberg war die Zeit der Emigration vor allem eine "leidvolle Erfahrung" (Hilbrand, 90), in der die "Freundschaft mit Alma und Franz Werfel ein wichtiger, schier unentbehrlicher Lebensstützpunkt" (Axmann, 6) für ihn wurde. Alma Mahler-Werfel unterstützte Torberg in Krisenzeiten mit Zuspruch, aber auch finanziell (Tichy, 125), mischte sich mit Vorliebe in sein Privatleben und seine Herzensangelegenheiten ein und interessierte sich sehr für Klatsch und Tratsch über gemeinsame Bekannte (Axmann, 7). Doch auch Torberg stand Alma Mahler-Werfel bei, vor allem in der Zeit, als Franz Werfel lebensgefährliche Herzanfälle erlitt, von denen er sich nie mehr erholen sollte, machte er tägliche Besuche (Mahler-Werfel, Mein Leben, 346f) um an dessen Bett mehrfach zusammen mit Alma Nachtwache zu halten, was sie einander näher brachte. Torberg zog jedoch kurz darauf nach New York, wo er im Dezember 1945 die Wienerin Marietta Bellak heiratete, mit Alma Mahler-Werfel als Trauzeugin. Während Torbergs Aufenthalt in New York und vor allem nach seiner Rückkehr nach Wien verringerte sich der Briefkontakt zwischen ihm und seiner "liebsten Freundin und Alma" (so der Titel der Briefsammlung), was wohl seiner neuen gesellschaftlichen Integration und seinen neuen schriftstellerischen Entfaltungsmöglichkeiten zuzuschreiben ist. Torberg war fasziniert von der außergewöhnlichen Frau, von der er 1964 in ihrem Nachruf schrieb sie sei eine "verwirrende Mischung aus Patronatsherrin und Patronne eines Maison de Rendevous" (zitiert nach Axmann, 8). In ihrer Autobiographie beschrieb Alma Mahler-Werfel ihre Beziehung als eine "echte Freundschaft" (346).

handwritten letter from Friedrich Torberg

Friedrich Torberg 
​(1908-1979)