Broch, Hermann

Transkription

Für Alma zum Fünfunddreißigsten.

Traue nicht der Mathematik,
Nur wer alt ist wird auch älter,
Nur das Dunkel macht uns schattig;
Wer dem Logos glaubt den prellt er.

Trotzdem logisch draus ergibt sich:
Seien die Parzen noch so fleißig,
Zweimal fünfunddreißig ist nicht siebzig
Sondern höchstens fünfunddreißig.

In Liebe
Hermann Broch
 

Kurzbiographie

Der Dichter und Kulturphilosoph Hermann Broch wurde 1886 in Wien geboren. Er arbeitete in der väterlichen Textilfabrik bis er sich Ende der 20er Jahre ausschließlich schriftstellerischen Tätigkeiten widmete. Nach seiner Verhaftung 1938 gelang ihm die Flucht nach Großbritannien und später in die USA. Er starb 1951.

Hermann Broch und Alma Mahler-Werfel

Der Zeitpunkt der ersten Begegnung der beiden ist nicht genau bekannt, in Alma Mahler-Werfels Autobiographie Mein Leben findet Broch nicht einmal Erwähnung. Ein besonders herzliches Verhältnis dürfte zwischen den beiden wohl nicht existiert haben, was auch in Brochs Geburtstagsbrief, der zwar ein wundervolles Gedicht, dafür aber kaum Persönliches enthält, offensichtlich wird. Besonders eng war die Beziehung Brochs zu Alma Mahler-Werfels Tochter Anna Mahler; die beiden beschlossen sogar zu heiraten, wenn er hundert und sie achtzig Jahre alt würde. (Lützeler 175f.). Alma Mahler-Werfel tritt erst wieder als "mütterliche Freundin" (Lützeler, 205) seiner zukünftigen zweiten Frau Annemarie Meier-Graefe in Erscheinung, die - wenn sie sich in Wien aufhielt - in Almas gastfreundlichem Haus unterkam. Doch auch im Exil behielten das Ehepaar Werfel und Hermann Broch ihren Kontakt bei, sei es bei gemeinsamen Hilfsaktionen für andere Emigranten (Lützeler, 283) oder bei einer Arbeit an einem Filmskript für Franz Werfels "Stern der Ungeborenen", wo Broch sich beinahe mit seinem Freund Friedrich Torberg entzweite, der das Filmskript ursprünglich verfaßt hatte, das Broch - weil es Alma Mahler-Werfel nicht zusagte - verbessern sollte (Lützeler, 327). Ein nicht gerade unkritisches Verhältnis gegenüber seiner Freundin Alma zeigt Broch, der zeit seines Lebens auf den Nobelpreis hoffte, in folgendem Zitat aus einem Brief an Daniel Brody: "Ich habe aber die Absicht, ihn [den Nobelpreis] nicht zu refüsieren. [...] Ich müßte nämlich sonst Alma Mahler-Werfel heiraten. Sie war zu Werfels Lebzeiten zweimal in Stockholm, um die Sache durchzusetzen, und angeblich wäre wirklich Werfel drangekommen; Hesse war also der Nutznießer. Aber Alma hat jetzt sozusagen ein offenes Konto in Stockholm, und wer weiß, wenn sie einen neuen Gatten dort produziert..." (zitiert nach Lützeler, 349).

Links

Hermann Broch Archive, Yale University

Hermann Broch biography

 

handwritten letter from Hermann Broch

Hermann Broch (1886-1951)